Am 1. März 2019 nutzte der ADÜ Nord die Gelegenheit, eine schriftliche Stellungnahme zur geplanten Novellierung des Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetzes (JVEG) beim Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) einzureichen. Hiermit soll die langjährige problematische Vergütungspraxis etlicher Bundesländer beendet werden, die den Berufsstand der Sprachmittler* schädigt und zu Justizpannen geführt hat.

Das geltende JVEG regelt die Vergütung von Sprachmittlern, die von der Justiz zum Beispiel für Verdolmetschungen vor Gericht oder Übersetzungen von rechtlichen und anderen Dokumenten herangezogen werden. Das Gesetz funktioniert in der Rechtspraxis allerdings mehr schlecht als recht. Dies ist in Jahren der Gesetzesanwendung über verschiedene Kanäle nun auch dem BMJV bekannt geworden. Das Ministerium befasst sich daher im Anschluss an eine bereits aufgrund Zeitablaufs erforderlich gewordene Marktanalyse mit der Überarbeitung des Paragrafenteils des JVEG. An der Beiratssitzung des BMJV am 7. März 2019 nahm neben der zuständigen Vertreterin des BDÜ auch der Referent für Vereidigtenangelegenheiten unseres Verbands teil. In der Sitzung konnten konkrete Reformvorschläge präsentiert werden, die Erörterungen sind aufgrund der Vielzahl der Änderungswünsche aber noch nicht abgeschlossen. Daher wird es noch einen Fortsetzungstermin geben.

Der ADÜ Nord fordert in seinem Reformkonzept unter anderem eine Erhöhung der Honorare für die Leistungen der Sprachmittler, eine Erhöhung des Ausfallhonorars und vor allem die Streichung des § 14 JVEG, der die Verwendung von Vergütungsvereinbarungen (Rahmenverträgen) legalisiert. Diese werden entgegen den Motiven des Gesetzgebers jedoch bis heute flächendeckend zur systematischen Kosteneinsparung eingesetzt. Dies hat zum einen zu einer Abwanderung der qualifiziertesten Köpfe geführt. Zum anderen zwingt der Staat die Sprachmittler, die aufgrund ihrer Sprachkombination auch auf staatliche Aufträge angewiesen sind, mit seiner Monopolmacht zur Hinnahme von unauskömmlichen Niedrigstvergütungen. Die gravierendsten Folgen dieser Unterfinanzierung eines ganzen Sektors sind in jüngster Vergangenheit erneut durch die Tagespresse publik geworden. Diverse Justizpannen durch die Heranziehung unterbezahlter und/oder unzureichend qualifizierter Anbieter haben von sich Reden gemacht.

Der ADÜ Nord fordert daher im Interesse einer wirksamen Beseitigung der obigen Missstände eine grundlegende Reform des JVEG. Hierzu gehört insbesondere die Einfügung einer neuen Strukturvorschrift, die sicherstellt, dass die Bundesländer einheitlich angemessene Vergütungen zahlen müssen und keine Umgehungspraxis etablieren können.

Dies sind die wesentlichen Forderungen und Vorschläge des ADÜ Nord an den Gesetzgeber im Überblick:

  • Erweiterung des Anwendungsbereichs des JVEG auf die Sprachmittlung für alle Hilfsbeamten der Staatsanwaltschaft
  • Aufgabe der Unterscheidung zwischen konsekutivem und simultanem Dolmetschen
  • Anhebung der Honorare für Dolmetscher und Übersetzer entsprechend den Ergebnissen der im Jahr 2018 durchgeführten Marktanalyse
  • Abrechnungsfähigkeit von Vorbereitungsaufwand
  • Erhöhung des Ausfallshonorars
  • Streichung des § 14 (Rahmenverträge), hilfsweise jedoch mindestens eine vollständige Neukonzeptionierung der Rechtsgrundlage für Vergütungsvereinbarungen bzw. Rahmenverträge
  • Einführung einer Verordnungsermächtigung zu Gunsten des BMJV zur Ermöglichung einer fairen, effizienten, transparenten und einheitlichen Gesetzesanwendung
  • Schaffung des Organs eines Ständigen Beirats zwecks fortlaufender Überwachung und Optimierung der Gesetzesanwendung unter Beteiligung der Berufsverbände, die die berufsständischen Interessen der Herangezogenen vertreten.

Fazit:

Der Gesetzgeber hat ein rechtspolitisches Eigeninteresse daran, die Vorschläge des ADÜ Nord und anderer Verbände bei der Novellierung des JVEG zu berücksichtigen. Der ADÜ Nord begnügt sich in seiner Stellungnahme allerdings nicht mit der berechtigten Forderung nach mehr Geld, sondern konzentriert sich auf den vom Gesetzgeber bisher so sträflich vernachlässigten Zusammenhang zwischen flächendeckend angemessener Bezahlung und guter Sprachmittlung in der Rechtspflege.

* Um den Lesefluss nicht zu beeinträchtigen, wird hier und im folgenden Text zwar nur die männliche Form genannt, stets ist aber die weibliche Form gleichermaßen mitgemeint.

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