Am 17. September 2019 hat der Österreichische Verband der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Dolmetscher (ÖVGD) mit Unterstützung der Richterschaft und der Staatsanwaltschaften einen Aktionstag zur Durchsetzung seiner langjährigen und gerechtfertigten Forderung nach einer standesgemäßen Entlohnung veranstaltet.

Mit einem österreichweiten Aktionstag haben die heimischen Gerichtsdolmetscher und -dolmetscherinnen am Dienstag bessere Arbeitsbedingungen und eine höhere Entlohnung gefordert und dafür die Arbeit niedergelegt. Die Justiz unterstützt die Forderungen.


Im Rahmen einer Informationsveranstaltung im Wiener Landesgericht für Strafsachen erläuterte Andrea Bernardini, die Präsidentin des Dolmetscherverbands, seit 2007 sei für die allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Dolmetscher inflationsbedingt ein Reallohnverlust von 22,6 Prozent eingetreten. Ein Inflationsausgleich in Höhe von 25 Prozent wäre „ein wunderbarer erster Schritt“, um dieser Entwicklung gegenzusteuern.


Weiters verlangen die Dolmetscher eine Tariferhöhung auf 100 Euro pro geleistete Übersetzer-Stunde. Derzeit erhalten sie dafür 24,8 Euro vor Steuern und Abgaben. Bei diesem Niedrigverdienst sei es kein Wunder, dass die Anzahl der Gerichtsdolmetscher seit 2006 von 1.400 auf aktuell 720 zurückgegangen ist, so Bernardini. Um ihre Forderungen zu unterstützen, legten die Dolmetscher am Dienstag ihre Arbeit nieder.

Altersschnitt liegt bei um die 60
Der Altersschnitt der Kollegen liege bei um die 60 Jahre, weil sich kaum mehr junge Akademiker fänden, die bei den tristen finanziellen Aussichten Interesse am Dolmetschen hätten und eine entsprechende Ausbildung beginnen, so Bernardi weiter. In Tirol etwa hat sich die Zahl der Dolmetscher bei Gericht in den letzten 15 Jahren halbiert. Mittlerweile sind für alle Sprachen nur noch 62 Dolmetscher gerichtlich qualifiziert – mehr dazu in tirol.ORF.at.


Ähnlich die Situation in Vorarlberg: Der mangelnde Nachwuchs sei ein großes Problem, sagt Christina Maria Müller, Gerichtsdolmetscherin für Portugiesisch: „Es waren bis vor zehn Jahren noch 1.400 Dolmetscher tätig in ganz Österreich, jetzt sind wir 700. In Vorarlberg sind das 25. Und acht von diesen sind unter 60 Jahre alt“ – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.


Im Burgenland gibt es vor allem Dolmetscherinnen, die alle selbstständig arbeiten und mit dem Geld nicht immer über die Runden kommen. Das sei auch bei der Familienplanung schwierig, erzählt Helena Szankovich – mehr dazu in burgenland.ORF.at. Gerade bei seltenen Sprachen sei es schwer, rechtzeitig qualifizierte Übersetzer zu finden, sagt der Präsident des Landesgerichts Klagenfurt, Bernd Lutschounig – mehr dazu in kaernten.ORF.at.


Unterstützung von Rechtsanwälten und Richtern
Die Rechtsanwälte, die Staatsanwälte und die Richtervereinigung unterstützen die Anliegen der Dolmetscher. Auch Justizminister Clemens Jabloner bezeichnete deren Forderungspaket im Ö1-Morgenjournal als „berechtigt“ und sprach sich für eine Erhöhung der Gebührensätze aus, was jedoch Aufgabe der nächsten Bundesregierung sei. Von der Übergangsregierung unter Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein wären Verbesserungen nicht zu bewerkstelligen, so Jabloner.


Die ehemalige SPÖ-Justizministerin Maria Berger, die eine Onlinepetition zur „Rettung der Justiz“ gestartet hat, sprach sich bei der gut besuchten Infoveranstaltung in Wien für ein „Erste-Hilfe-Paket“ für die Justiz aus. „Der Rechtsstaat kann nur funktionieren, wenn es ausreichend hoch qualifizierte Dolmetscher gibt“, bekräftigte NEOS-Justizsprecherin Irmgard Griss. Wie auch JETZT-Justizsprecher Alfred Noll fordert sie eine angemessene Entlohnung.


Weiterführender Link: https://oesterreich.orf.at/stories/3013289/?fbclid=IwAR2aEsxtsULci34dR40WyTPqlHS8epVglKJ3eH8hDbRp3uA4HeRboIKr6Oc