Das GDolmG ist am 12. Dezember 2019 im Bundesgesetzblatt verkündet worden, als Datum des Inkrafttretens war ursprünglich der 1. Juli 2021 vorgesehen.

Abgesehen einmal von dem für sich genommen zu begrüßenden Ziel, die Vereidigung von „Gerichtsdolmetschern“ bundeseinheitlich zu regeln, ist das GDolmG bei vielen betroffenen Berufskolleg/innen und Sprachmittler-Berufsverbänden zu Recht auf nachhaltige Kritik gestoßen. Alle Informationen dazu hat der ADÜ Nord hier zusammengestellt.

Bereits im Januar 2021, also noch vor dem geplanten Inkrafttreten des GDolmG, hat die Bundesregierung hierzu ein Änderungsgesetz auf den Weg gebracht, nämlich das Gesetz zur Fortentwicklung der Strafprozessordnung und zur Änderung sonstiger Vorschriften (BT-Drs. 19/27654 bzw. BR-Drs. 57/21).

Hinsichtlich des GDolmG sieht das Änderungsgesetz im Wesentlichen eine Änderung von Zuständigkeitsvorschriften, eine Modifikation der Qualifikationsanforderungen an Gerichtsdolmetscher/innen sowie schließlich eine Verschiebung des Inkrafttretens auf den 1.1.2023 vor.

Dagegen ist trotz verschiedentlicher Interventionen von vereidigten Sprachmittler/innen und Sprachmittler-Berufsverbänden im Rahmen des neuerlichen, noch laufenden Gesetzgebungsverfahrens nach wie vor kein so genannter Bestandsschutz zu Gunsten von „Altvereidigten“ vorgesehen. Konkret heißt dies, dass „Altvereidigte“ ihre nach Landesrecht erworbene und ggf. sogar unbefristete Vereidigung gemäß dem GDolmG verlieren und sich im Rahmen einer Übergangsfrist nach dem GDolmG neu allgemein vereidigen lassen sollen.

Am 10. Juni 2021 ist das o. g. Änderungsgesetz vom Bundestag mit dem obigen Inhalt beschlossen worden, es steht derzeit nur noch die erforderliche Zustimmung des Bundesrats aus. Es ist allerdings damit zu rechnen, dass der Bundesrat diese Zustimmung noch vor Ende der laufenden Legislaturperiode, also bis spätestens September erteilt, da er in seiner einleitenden Stellungnahme vor der Befassung des Bundestags gemäß seinem Beschluss BR-Drs. 57/21 (B) keine Einwände gegen die von der Bundesregierung geplanten Änderungen des GDolmG erhoben hat.

Es stellen sich weiterhin drängende Fragen, was das GDolmG für die Sprachmittler/innen bedeutet und wie sich unser Berufsstand zu einem solchen äußerst unbefriedigenden Gesetz stellen sollte

Hinweis des ADÜ Nord e. V.: Es handelt sich nachfolgend nicht um Ausführungen mit rechtlichem Beratungscharakter, sondern um eine verbandseigene Einschätzung der Sachlage, die wir einem interessierten Publikum hier rein informatorisch präsentieren.

1. Hat sich durch die Verabschiedung des GDolmG für die Sprachmittler rechtlich etwas verändert?

In der nun absehbaren Übergangszeit bis zum 1.1.2023 gelten die bisherigen landesrechtlichen Regelungen betreffend die allgemeine Beeidigung von Dolmetscher/innen. Ein jetzt unmittelbar bevorstehender Verlust des Beeidigtenstatus droht durch das GDolmG nicht. Außerdem tritt die Neufassung des § 189 Abs. 2 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG), wonach eine Berufung auf eine landesrechtliche allgemeine Beeidigung zukünftig nicht mehr möglich sein soll (vgl. hierzu auch die Antwort auf die nachfolgende Frage Nr. 9), erst nach einer Übergangsfrist bis zum 12. Dezember 2024 in Kraft. Last but not least soll das GDolmG ja außerdem nur für „Gerichtsdolmetscher“ und nicht für Übersetzer/innen gelten (vgl. § 1 S. 1 GDolmG)..

2. Wie geht es jetzt für die Sprachmittler/innen weiter?

In der Übergangszeit bis zum nunmehr vorgesehenen Inkrafttreten des GDolmG am 1.1.2023 gilt das jeweilige, bisherige Landesrecht weiter. Dennoch ist bereits heute zu beobachten, dass das GDolmG in tatsächlicher Hinsicht eine gewisse Vorwirkung entfaltet. Diese besteht in einer erheblichen Verunsicherung der betroffenen Berufsträger/innen einerseits sowie der vereidigenden (Justiz-)Verwaltungen in den Bundesländern andererseits. Bei den betroffenen Berufsträger/innen besteht Unsicherheit, welche konkreten Auswirkungen das GDolmG auf ihren beruflichen Status haben wird. Die Bundesländer dagegen haben keine Erfahrung mit der Anwendung bundesrechtlicher Vereidigungsvorschriften. In diesem Bereich haben sie bisher immer eigene, landesrechtliche Vorschriften angewendet. Welche Vorgaben und Erwartungen des Bundes zu erfüllen sein werden, muss sich erst in einer neu zu entwickelnden Vereidigungspraxis der Länder herausstellen. Das alles wird durch die lange Übergangsfrist bis zum 1.1.2023 nicht einfacher. Denn der Bundesgesetzgeber hat für einen Schwebezustand gesorgt, in dem „das Neue“ noch nicht gilt und „das Alte“ perspektivisch schon an Verbindlichkeit verliert. Die betroffenen Berufsträger/innen werden zwar zunächst einmal mit diesem Schwebezustand leben müssen, können sich aber überlegen, ob sie gegen die geplanten Rechtsänderungen rechtlich vorgehen möchten. Hintergrund ist hier ein „rechtliches Problem“ des GDolmG. Der Bundesrat hatte nämlich vor dem „Passierenlassen“ des GDolmG im Jahr 2019 in seiner Stellungnahme gegenüber der Bundesregierung zur Gesetzesvorlage (BR-Drs. 532/19 (B)) erhebliche Bedenken an der formellen Verfassungsmäßigkeit des GDolmG angemeldet. Vgl. hierzu weiter unten die Antwort auf die Frage Nr. 9.

3. Kann ich als allgemein beeidigte/r Dolmetscher/in bereits jetzt rechtlich gegen das GDolmG vorgehen?

Leider nein. Eine etwaige Verfassungsbeschwerde gegen das GDolmG vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in Karlsruhe ist erst zulässig, wenn das GDolmG in Kraft getreten ist. Der Grund hierfür liegt darin, dass derzeit keinerlei Rechtswirkungen von dem GDolmG ausgehen und damit auch (noch) keine Verletzung subjektiver Rechte, d. h. von Grundrechten möglich ist

4. Was muss ich tun und beachten, wenn ich mich in naher Zukunft als Dolmetscher/in allgemein beeidigen lassen möchte?

Da bis zum voraussichtlichen Inkrafttreten des GDolmG am 1. Januar 2023 die bisherigen (im Einzelfall etwa noch geänderten) landesrechtlichen Beeidigungsvorschriften gelten, ist ein Antrag auf allgemeine Beeidigung wie bisher bei der jeweiligen landesrechtlich zuständigen Stelle einzureichen. Die sachlichen Voraussetzungen für die Beeidigung bestimmen sich nach dem jeweils am Wohn- bzw. Geschäftsort des Sprachmittlers oder der Sprachmittlerin geltenden Landesrecht.

5. Kann ich durch das GDolmG meine bisherige allgemeine Beeidigung als Dolmetscher/in verlieren?

Auf diese Frage kann derzeit keine umfassende und allgemeingültige Antwort gegeben werden. Es muss nach Zeitpunkten und Sachverhaltskonstellationen unterschieden werden, d. h. für eine verbindliche Antwort bedarf es letztlich einer Einzelfallprüfung. Bis zum Inkrafttreten des GDolmG und des § 189 Abs. 2 GVG (neu) scheidet ein Verlust des Beeidigtenstatus aus, und zwar unter anderem weil das GDolmG bis zum 1. Januar 2023 noch nicht gilt und damit keine (negativen) Rechtswirkungen entfalten kann.
Vgl. weiter auch unter Frage Nr. 6.

6. Kann ich – nach dem Inkrafttreten des GDolmG – meine bisherige allgemeine Beeidigung als Dolmetscher/in Verlieren?

Mit/nach dem Inkrafttreten des GDolmG ist ein Verlust des Beeidigtenstatus als Dolmetscher/in grundsätzlich denkbar. Denn die im Gesetzespaket „Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens“ ebenfalls enthaltene Änderung des § 189 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG), dort im Absatz 2, sieht Folgendes vor:

„(2) Ist der Dolmetscher für Übertragungen der betreffenden Art nach dem Gerichtsdolmetschergesetz allgemein beeidigt, so genügt vor allen Gerichten des Bundes und der Länder die Berufung auf diesen Eid.“

Die übergangsweise noch vorgesehene Möglichkeit der Berufung auf eine Beeidigung auch nach den landesrechtlichen Vorschriften eines Bundeslandes ist nach dem Willen des Bundesgesetzgebers schlussendlich entfallen. Die Bundesregierung hatte dies in ihrem Gesetzesentwurf wie folgt begründet:

„Zu Artikel 4 (Weitere Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes): Durch diesen Änderungsvorschlag soll sichergestellt werden, dass sich Dolmetscher nach einer Übergangsfrist von zwei Jahren vor den Gerichten des Bundes und der Länder nur noch auf die allgemeine Beeidigung aufgrund der Regelungen nach dem Gesetz über die allgemeine Beeidigung gerichtlicher Dolmetscher berufen können. Eine Berufung auf landesrechtliche Vorschriften genügt nach Ablauf dieser Übergangsfrist nicht mehr.“

Da das Gesetzespaket zur Modernisierung des Strafverfahrens das Inkrafttreten des § 189 Abs. 2 GVG (neu) für den 12. Dezember 2024 vorsieht, würden bereits nach Landesrecht allgemein beeidigte Dolmetscher/innen nach diesem Termin ihren landesrechtlich erworbenen Beeidigtenstatus automatisch verlieren. Wegen der etwaigen Verfassungswidrigkeit dieser gesetzlichen Regelung allerdings wird hier auf die nachfolgenden Antworten auf die Fragen Nr. 8 und 9 verwiesen.

7. Müsste ich als ein/e nach Landesrecht allgemein beeidigte/r Dolmetscher/in – nach dem Inkrafttreten des GDolmG und Ablauf der fünfjährigen Übergangsfrist mich ggf. neu nach den vorschriften des GDolmG allgemein beeidigen lassen, um weiterhin über den Beeidigtenstatus zu verfügen

Ja, so sieht es die Regelungslogik des GDolmG in Verbindung mit § 189 Absatz 2 GVG (neu) an sich vor. Allerdings ist auch hier auf die etwaige Rechtswidrigkeit, d. h. Verfassungswidrigkeit dieser gesetzlichen Regelung hinzuweisen. Vgl. hierzu weiter in den Antworten auf die nachfolgenden Fragen Nr. 8 und 9. Wegen dieser sehr grundsätzlichen Vorfrage zur materiellen Verfassungsmäßigkeit des GDolmG wird erst weiter unten unter der Frage Nr. 10 erörtert, welche sachlichen Voraussetzungen nach dem GDolmG dann eigentlich konkret zu erfüllen wären.

8. Kann ich mich nach dem Inkrafttreten des GDolmG gegen gen nach der fünfjährigen Übergangsfrist drohenden Verlust meines Status als allgemein beeidigte/r Dolmetscher/in rechtlich zur Wehr setzen und wenn ja, was kann ich tun?

Viele langjährig tätige Kolleginnen und Kollegen sind unbefristet nach Landesrecht allgemein als Dolmetscher/in vereidigt. Die Mitglieder dieser Gruppe erleiden durch das Inkrafttreten des GDolmG einen rechtlichen Nachteil insofern, als sie ihren Status als unbefristet Vereidigte gemäß § 7 GDolmG verlieren sollen. Zukünftig soll es nach Bundesrecht nur noch auf fünf Jahre befristete Vereidigungen geben. Das neue GDolmG regelt nämlich keinen Bestandsschutz für „Altvereidigte“.

Hierin ist für die obigen Betroffenen ein Eingriff in ihre nach Art. 12 Grundgesetz grundrechtlich geschützt Berufsausübungsfreiheit zu sehen. Es bestehen Anhaltspunkte dafür, dass dieser in § 7 GDolmG liegende Grundrechtseingriff verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt ist. Es spricht Einiges dafür, dass der Bundesgesetzgeber sein Regelungsziel ebenso effizient durch ein milderes Mittel, nämlich durch eine gesetzliche Regelung einschließlich einer Bestandsschutzvorschrift erreichen könnte. Mithin könnte das GDolmG wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verfassungswidrig sein.

Die obigen Beurteilungen könnten/sollten die betroffenen Berufskolleg/innen dazu veranlassen, über eine individuelle Verfassungsbeschwerde an das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gegen das sie belastende GDolmG nachzudenken.

Der ADÜ Nord hat dieses Szenario angesichts der Entwicklungen rund um das Gesetzgebungsverfahren betreffend das GDolmG bereits seit Längerem als eine Handlungsoption vor Augen. Sobald das GDolmG vollständig verabschiedet und im Bundesgesetzblatt veröffentlicht ist, werden wir uns über unsere bisherigen Vorbereitungen hinaus um das Thema „Verfassungsbeschwerde“ kümmern. Konkret werden wir über unsere Kommunikationskanäle Informations- und Diskussionsveranstaltungen zum Thema „GDolmG – was nun?“ anbieten, in deren Rahmen wir Detailfragen erörtern und die richtigen weiteren Schritte diskutieren möchten.

9. Warum ist eine Verfassungsbeschwerde im Sinne der Antwort auf die obige Frage Nr. 8 überhaupt in Betracht zu ziehen?

Bringt das überhaupt das gewünschte Ergebnis und wie wahrscheinlich wäre ein Erfolg in Karlsruhe?

Festzuhalten ist zunächst einmal, dass bereits der Bundesrat im Gesetzgebungsverfahren eine Stellungnahme gegenüber der Bundesregierung abgegeben hat, wonach die deutsche Länderkammer bereits selbst erhebliche Zweifel an der formellen Verfassungsmäßigkeit des GDolmG hegt. Dort heißt es:

„Begründung: Das Gerichtsdolmetschergesetz begegnet umfassenden verfassungsrechtlichen Bedenken, da der Bund nicht über die erforderliche Gesetzgebungskompetenz verfügt. [eigene Hervorhebung] Im Übrigen ist die Einführung eines Gerichtsdolmetschergesetzes auf Bundesebene weder notwendig noch sinnvoll: […]

Selbst wenn Folge des Gerichtsdolmetschergesetzes sein sollte, dass eine Beeidigung von allen Dolmetschern nur noch auf dessen Grundlage erfolgt, so bleibt offen, wie mit den ebenfalls vor Gericht tätigen und von den Landesdolmetschergesetzen erfassten Personengruppen der Übersetzer und der Gebärdensprachdolmetscher zu verfahren ist. Die Landesgesetzgeber wären aus Gleichbehandlungsgründen praktisch gezwungen, für diese Personengruppen gleichlautende Regelungen zu erlassen. [eigene Hervorhebung] […]

Darüber hinaus ist zu hinterfragen, welche Folgen das Gerichtsdolmetschergesetz für die bereits nach Landesrecht beeidigten Dolmetscher haben soll. [eigene Hervorhebung] Wenn gemäß § 189 Absatz 2 GVG-E in der nach Artikel 4 geltenden Fassung nach Ablauf von fünf Jahren eine Berufung auf den nach Landesrecht geleisteten Eid vor Gericht nicht mehr ausreichen soll, bedeutet dies für jeden Dolmetscher, der vor Gericht auftreten will, dass er seine Beeidigung neu beantragen muss. Dies erscheint unter Vertrauensschutzgesichtspunkten nicht unproblematisch.[eigene Hervorhebung]

Neben der fraglichen Gesetzgebungskompetenz des Bundes hat der Bundesrat wie aus dem obigen Zitat ersichtlich selbst bereits zwei materiell-rechtliche Aspekte angesprochen, die Anlass zu einer verfassungsgerichtlichen Überprüfung der Neuregelungen des Beeidigungswesens geben könnten: Eine etwaige Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes und einen etwaigen Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauens-/Bestandsschutzes.

Sicherlich ist nach dem etwaigen Inkrafttreten des GDolmG bereits aus rein rechtspraktischen Gründen keine Welle von Verfassungsbeschwerden von allgemein beeidigten Dolmetscher/innen zu erwarten. Wichtig für den Berufsstand zu wissen ist es aus Sicht des ADÜ Nord jedoch sehr wohl, dass Möglichkeiten der Rechtsverteidigung bestehen, die im Falle einer weiteren den Berufsstand beeinträchtigenden Entwicklung auch durchaus genutzt werden sollten. Hier wird ggf. auch den Sprachmittler-Berufsverbänden eine gewisse Initiativrolle zukommen.

Eine Verfassungsbeschwerde kann im Falle ihres Erfolgs, d. h. bei Feststellung eines oder mehrerer Grundrechtsverstöße zu einer Nichtigerklärung der beanstandeten Gesetzesregelung durch das Bundesverfassungsgericht führen. Das betreffende Gesetz wäre damit dann ungültig und gegenstandslos, d. h. „aus der Welt“.

Damit wäre der Weg frei für einen „berufsrechtlichen Neustart“ des Bundesgesetzgebers, was eine bundeseinheitliche Neuregelung des Beeidigungswesens und generell die Thematik der „Sprachmittlung in der Rechtspflege“ angeht. Auf die umfassenden Ausführungen im Positionspapier des ADÜ Nord hierzu erlauben wir uns erneut zu verwiesen.

Zu den Erfolgsaussichten einer zukünftigen Verfassungsbeschwerde kann und soll an dieser Stelle aus nachvollziehbaren Gründen keine verbindliche Aussage getroffen werden. Zu sehr kommt es auf die konkrete Situation und die individuellen Rügen des Beschwerdeführers bzw. der Beschwerdeführerin an.

Auch darf nicht vergessen werden, dass das Bundesverfassungsgericht nicht jede `Verfassungsbeschwerde“ zur Entscheidung annimmt bzw. annehmen muss. Vereinfacht gesagt ist daher jede Verfassungsbeschwerde ein „Hochrisikoverfahren“ mit ungewissem Ausgang. Andererseits handelt es sich juristisch jedoch um ein scharfes Schwert, das im Erfolgsfall weitreichende Folgen für den Gesetzgeber haben kann.

Fest steht so oder so, dass sowohl die konkret betroffenen allgemein beeidigten Dolmetscher/innen als auch unser Berufsstand insgesamt ein elementares berufliches und sogar staatsbürgerliches Interesse daran haben, dass uns betreffende misslungene gesetzliche Neuregelungen wieder abgeschafft und dafür sachlich fundierte und zukunftsfähige Regelungen erlassen werden.

10a. Nehmen wir einmal an, dass das GDolmG in Kraft getreten und mangels eines geeigneten Streitverfahrens vor dem BVerfG nicht für nichtig erklärt worden ist.

Muss ich als nach Landesrecht bereits allgemein beeidigte/r Dolmetscher/in nach Ablauf der fünfjährigen Übergangsfrist eine allgemeine Beeidigung nach dem GDolmG beantragen, um weiter als „Gerichtsdolmetscher/in“ tätig sein zu können?

Die Frage ist mit „Ja“ zu beantworten, vgl. Antwort auf Frage Nr. 7.

10B. Wenn ja, kann es sein, dass ich mich zunächst nachqualifizieren muss, um die neue allgemeine Beeidigung zu erlangen?

Auch diese Frage kann im Einzelfall mit „Ja“ zu beantworten sein, wenn der/die betreffende Kollege/Kollegin keine inländische Dolmetschprüfung eines staatlichen oder staatlich anerkannten Prüfungsamts oder einer Hochschule bestanden hat und auch über keinen gleichwertigen im Ausland erworbenen Dolmetschabschluss verfügt (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 6 – „erforderliche Fachkenntnisse in der deutschen und in der zu beeidigenden Sprache“ – i. V. m. § 3 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 GDolmG).

Dies gilt jedenfalls dann, wenn nicht zum Beispiel bei bestimmten Arbeitssprachen die Regelung des § 4 GDolmG über den so genannten „Alternativen Befähigungsnachweis“ einschlägig ist. Letztere Regelung sieht eine Erleichterung bei der Erlangung der allgemeinen Beeidigung für den Fall vor, dass für die zu beeidigende Sprache im Inland weder eine Prüfung bei einem staatlichen Prüfungsamt noch an einer Hochschule angeboten wird oder es für die zu beeidigende Sprache keine von einer zuständigen deutschen Stelle als vergleichbar eingestufte Dolmetscherprüfung gibt und ein besonderes Bedürfnis für die allgemeine Beeidigung besteht.

Das Obige gilt bei isolierter Betrachtung des GDolmG in Verbindung mit § 189 Abs. 2 GVG (neu), wonach zukünftig, d. h. nach Ablauf der Übergangsfrist eine Berufung auf eine bisherige landesrechtliche allgemeine Beeidigung nicht mehr ausreichen soll. Wiederum ist darauf allerdings hinzuweisen, dass der Gesetzgeber mit dem Obigen für die allgemein beeidigten „Bestandskolleginnen und -kollegen“ eine womöglich verfassungsrechtlich angreifbare Übergangsregelung getroffen, die ggf. den Grundsatz des Vertrauensschutzes verletzt. Es wird daher ergänzend auf die Antworten zu den obigen Fragen 8 und 9 verwiesen.

Die Vortragsunterlagen von Jörg Schmidt zum Thema Dolmetschen und Übersetzen für Gerichte und Behörden sowie der JVEG-Problematik (Online-Kollegentreffen am 6. und 27.Oktober) finden Sie hier: „Aktuelles Berufsrecht“, die Präsentation vom Februar 2021 hier.