- Die Ausweitung des Hilfspakets der Regierung um nicht rückzahlbare Zuschüsse ist richtig und notwendig
- Trotzdem können wir uns als Selbstständige nicht nur auf den Staat verlassen
- Jetzt heißt es: keine Panik, sondern mehr Unternehmertum
Meinungsbeitrag von Catharina Bruns
Viele Selbstständige, Freiberufler*innen und alle, die anders arbeiten als die angestellte Norm es vorsieht, stehen derzeit vor besonders großen Herausforderungen. Das Land ist im Shutdown – die angeordnete Zwangspause bereitet vielen existenzielle Sorgen.
Dass die Bundesregierung das umfassende Maßnahmenpaket vom 13. März noch einmal aufgestockt hat, war notwendig. Für das „Rettungspaket“ werden riesige Summen bewegt. Doch viele fühlen sich nicht gerettet, sondern mit dem Chaos der Mittelvergabe überfordert. Denn im Einzelfall wird es schnell kompliziert. Immerhin wurde erkannt, dass Erleichterung der Kurzarbeit und ein Kreditprogramm besonders Selbstständigen ohne Angestellte nicht besonders weiterhilft.
Die rasche Reaktion macht zuversichtlich, dass die Politik unsere Situation sieht – aber versteht sie unsere Lebensrealität?
Mit den jetzt geplanten Zuschüssen soll zügig sichergestellt werden, dass laufende Betriebsausgaben weiter bezahlt werden können. Unklar scheint, ob Selbstständige, die kaum laufende Betriebsausgaben haben, aber durch die enormen Ausfälle ihre Lebenshaltungskosten nicht mehr decken können, in allen Bundesländern auch antragsberechtigt sind. Nicht ohne Grund wurde wohl auch der leichtere Zugang zur Grundsicherung beschlossen. Für einen festgelegten Zeitraum wird hier auf die Vermögensprüfung verzichtet. Aus Sicht der Bundesregierung ist damit allen geholfen. Tatsächlich offenbart das Chaos vieler Länder in der Frage der Förderfähigkeit, das fehlende Verständnis für selbstständige Arbeitsmodelle, insbesondere in der Wissensgesellschaft.
Für uns Selbstständige geht es jetzt um Liquidität. Nicht nur für Betriebsausgaben, sondern auch um den Lebensunterhalt zu bestreiten. Das Herabsetzen der laufenden Steuervorauszahlung und Stundung fälliger Steuerzahlungen kann nur der erste wichtige Hebel sein, um Liquidität zu erhalten. Der Gesetzgeber ist aus meiner Sicht außerdem gefragt, jetzt die Mindestbemessungsgrenze zur Beitragsermittlung für Selbstständige in der gesetzlichen Krankenkasse auf die Geringfügigkeitsgrenze von 450 Euro zu reduzieren – wie bei Angestellten. Und auch das Aussetzen von anderen Pflichtbeiträgen, wie etwa den Beitrag der IHK oder berufsständischen Kammern wären denkbare Maßnahmen. Grundsätzlich muss über die Öffnung der freiwilligen Arbeitslosenversicherung mit fairen Beiträgen für Selbstständige nachgedacht werden.
zum vollständigen Beitrag
Catharina Bruns ist Co-Gründerin bzw. Partnerin von Happy New Monday (Unternehmensentwicklung), des Abo-Commerce Supercraft (DIY-Kits), des Branchenbuchs Hello Handmade und der Design-Plattform Lemon Books. Bekannt wurde sie durch ihre Bücher „Frei sein statt frei haben“ und „work ist not a job“.
Wenn sie nicht an ihren Unternehmen arbeite, streitet sie für eine moderne Politik und faire Bedingungen für Selbstständigkeit in der Wissensgesellschaft. 2019 wurde sie Vorstandsvorsitzende der Kontist-Stiftung für Citizen Entrepreneurship.
Dort hat sie zusammen mit ihren Kollegen unter www.selbstwasmachen.com eine Info-Seite erstellt (work in progress!) mit Corona-Fakten, praktischen Hilfestellungen und Anlaufstellen für alle, die selbstständig und frei arbeiten.
Der Beitrag wurde am 2. April auch bei XING Klartext veröffentlicht.